Im März 2021 wurde das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht für teilweise verfassungswidrig erklärt. Viele feierten dies als großen Erfolg, gar als “bahnbrechend”. Zu dem Urteil veröffentlicht der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) nun eine Stellungnahme eines Klägers. Dieser bezeichnet das Urteil als “feige”. Er schreibt:

Ich, Thomas Bernhard, war einer der elf Einzelkläger, und zunächst einmal: Das Urteil hat mich gefreut, denn es war lange erwartet. Es hat uns Klägern Recht gegeben. Aber beim Lesen und aufgrund der weiteren politischen Entwicklung meine ich: es war feige, und wir hätten ein klareres Urteil gebraucht. Denn es hat eben nur auf die unzumutbaren Einschränkungen in der Freiheit der kommenden Generationen abgezielt, statt auf unverantwortbare Beeinträchtigung und die absehbare Vernichtung jeglicher Lebensgrundlagen der Menschheit.“

Er schreibt weiter:

Warum „feige“? Zuerst hat das Urteil gemessen an Relevanz sehr lange auf sich warten lassen. Aufgrund der Klage und der Fakten hätte von Zerstörung von Lebensgrundlagen und existentieller Bedrohung gesprochen werden müssen. Stattdessen wurde das Klimaproblem auf unzumutbare Freiheitseinschränkungen reduziert und damit unerträglich bagatellisiert.”

Die Dimension der Klimakrise wird heruntergespielt, hier hat er völlig recht. Und Folgen des Urteils blieben aus:

Bis heute hat die Bundesregierung keinen wirksamen Fahrplan zur Dekarbonisierung vorgelegt. Die alte Bundesregierung mit CDU/CSU und SPD hat vorhandene Konzepte torpediert, zum Beispiel durch Verschlechterung der Förderbedingungen im EEG, mit dem Ziel und Effekt, den Zubau der Erneuerbaren Energien herunterzufahren.”

Der Kläger Thomas Bernhard hat den Anspruch:

Verbrechen, die sich in der Zukunft auswirken und die Menschheitsexistenz bedrohen, müssen heute bestraft und verhindert werden.”

Demnach wäre das Bundesverfassungsgericht der Duldung einer Straftat zu bezichtigen. Das ist eine sehr weitgehende Kritik an Juristen. Das Urteil ist enttäuschend. Notwendig ist der Kampf er Masse der Menschen für eine Veränderung:

Dieses Engagement in jeder Öffentlichkeit für Klimaschutz ist das wichtigste, und es stellen sich tatsächlich immer mehr Erfolge ein. Aber wir müssen es auch tun, denn wie am Karlsruher Urteil abzulesen ist, sind die alten Ideolog:innen immer noch in Amt und Würden und arbeiten sich zu. Vielleicht war es nicht feige, sondern berechnet. Aber wir werden immer mehr und sind überzeugend.”

Ja, die „in Amt und Würden“ sind verquickt mit den Energiemonopolen und stützen ihre Profite. Und es ist tatsächlich ein berechnetes Spiel. Es verlangte zwar weitergehende, aber wieder nur „Ziele“ von der Regierung. Ziele verkünden, das Gegenteil tun – das ist schon Gewohnheit. Taten gegen die aufziehende Klimakatastrophe sind ausgeblieben. Angesichts des Ukraine-Kriegs werden sogar frühere Beschlüsse wieder zurückgenommen, die Kohlennutzung verlängert, Fracking-Gas eingeführt. Die Juristen des höchsten Gerichts sind nicht unabhängig, sondern ein Teil dieses Systems.

Inzwischen begrüßen wir Thomas Bernhard als neuen Mitzeichner unserer Stellungnahme der Offenen Akademie „Einspruch: Es gibt kein Restbudget mehr!“


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