Von Josef Lutz, mit Grafiken von Bruno Burger

Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung lag 2020 bei über 50%. Doch er wäre schon viel höher, wenn nicht seitens Energiekonzernen und Bundesregierung dem entgegengearbeitet, bzw. ein stärkerer Zuwachs nicht unterbunden worden wäre.

Bild 1: Jährlicher Zubau von Wind Onshore (ausgefüllte Balken) und zusätzlich sinnvoller Zubau (gestrichelte Balken) für ein stetiges Wachstum ab 2005 und einen konstanten Zubau von 5 GW ab 2015. Bild: Prof. Dr. Bruno Burger (Fraunhofer ISE)

Alle Investitionen in erneuerbare Energien gingen zunächst von Privatpersonen aus, dann bei Windanlagen von Investorengemeinschaften und kommunalen Energieversorgern. Die Energiekonzerne beteiligten sich nicht, im Gegenteil. Zunächst sei Wind Onshore betrachtet. Bild 1 zeigt, wie der Zubau an Wind schon ab 2002 rückläufig war, einen starken Einbruch erlebte er nach 2009 und wieder nach 2017. Die Anlagen wurden in ihrem Wirkungsgrad besser, doch ab 2018 wirkten neue gesetzliche Regelungen zum Mindestabstand. In Sachsen beispielsweise gingen 2020 nur 3 Windräder in Betrieb, trotz Beteiligung der Grünen an der Landesregierung. Die gestrichelten Balken zeigen den sinnvollen Zubau. Ähnlich, sogar schlimmer sieht es bei Solar aus.

Bild 2: Jährlicher Zubau von Solaranlagen (ausgefüllte Balken) und zusätzlich sinnvoller Zubau (gestrichelte Balken) für ein stetiges Wachstum und einen konstanten Zubau von 10 GW ab 2015. Bild: Prof. Dr. Bruno Burger (Fraunhofer ISE)

Wie aus Bild 2 hervorgeht, sanken die Neuinstallationen ab 2012 drastisch, verursacht durch die sogenannte Strompreisbremse von Minister Altmaier, damals noch Umweltminister. Inzwischen haben größere Anlagen sogar die Pflicht zur Direktvermarktung, d.h. sie erhalten keine garantierte Einspeisung mehr und müssen ihren Strom auf dem Markt anbieten. Die Kosten für die Installation von Photovoltaik sind allerdings so stark gesunken, dass der Neubau trotz der sehr niedrigen Erlöse noch wirtschaftlich ist. Solar und Wind sind heute die günstigen Formen der Erzeugung elektrischer Energie geworden.

Die gestrichelten Balken zeigen wiederum den sinnvollen Zubau. Photovoltaik auf Dächern führt nicht zu Landschaftsverbrauch. Doch es werden aufgrund der gesetzlichen Regelungen kaum Dachflächen von Industriebetrieben und Einkaufszentren genutzt, und der Ausbau an Photovoltaik hat noch ein starkes Potential.

Bild 3: Links die Anteile der verschiedenen Energiequellen an der öffentlichen Nettostromerzeugung 2020. Rechts die Simulation zur Stromerzeugung 2020 mit dem zusätzlich sinnvollen Zubau bei Wind Onshore, Wind Offshore und der Solarenergie. Bilder: Prof. Dr. Bruno Burger (Fraunhofer ISE)

Wenn wir nun gegenüberstellen: Was wäre, wenn nicht ausgebremst worden wäre – also keine zusätzliche Förderung, nur Entfall der Be- und Verhinderung, zeigt Bild 3 das Ergebnis. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung lag 2020 über 50%. Wäre der sinnvolle Zubau gemäß Bild 1 und 2 erfolgt, wäre der Ausstieg aus der Braunkohle schon vollzogen. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung läge bei ca. 74%. Die Biomasse wird zu den regenerativen Energien gezählt, aber ein großer Teil der Nutzung in Deutschland (Holzkraftwerke, Monokulturen an Mais und Soja) sind nicht umweltfreundlich. Auch die umweltschädliche Müllverbrennung wird weitgehend darunter gefasst.

Die gegenwärtige Entwicklung des Weltklimas zeigt, dass drastische Sofortmaßnahmen erfolgen müssen. Der Ausstieg aus der fossilen Energie bei der Stromversorgung muss und kann weltweit bis spätestens 2030 bis auf Null erfolgen, bis 2035 auch für alle anderen Sektoren. Doch auch die EEG-Novelle der Bundesregierung von 2021 setzt die Behinderung fort. Große PV-Dachanlagen ab 750 MW müssen den erzeugten Strom ausschreiben bzw. versteigern, was sehr aufwendig ist. Der direkte Eigenverbrauch des auf dem eigenen Dach erzeugten Stroms ist nicht erlaubt. In Taten ordnen sich die Regierungen der Vorgabe der Energiekonzerne unter. Vielfach wird von „ambitionierten Zielen“ gesprochen, es werden nur warme Worte, aber keine wirksamen Sofortmaßnahmen gemacht. Das gegenwärtige Wirtschaftssystem verspielt sehenden Auges die Zukunft der Menschheit. Nicht weil es nicht anders ginge, sondern weil hier der Profit das Maß aller Entscheidungen ist. Wollen wir das Weltklima retten, müssen wir gegen dagegen rebellieren. In der Stellungnahme der Offenen Akademie ist geschrieben:

„Wenn „ökonomische“ Bedingungen wie die gegenwärtige Wirtschaftsordnung das Überleben der menschlichen Zivilisation nicht ermöglichen, so ist diese zu ändern. Eine wissenschaftliche Untersuchung weist nach, dass im Jahr 2017 71% der globalen CO2 Emissionen durch die 100 größten Konzerne im Bereich Energie und Rohstoffe verursacht wurden. Die Klimakatastrophe kann nicht aufgehalten werden, ohne die sie verursachenden kapitalistischen Eigentumsverhältnisse in Frage zu stellen. Daher wird die Kritik am Kapitalismus von uns ausdrücklich geteilt.“


Quellen

https://www.windbranche.de/windenergie-ausbau/bundeslaender/sachsen?jahr=2020

http://www.offene-akademie.org/?p=1200

https://energiewende-2030.de/wp-content/uploads/2021/02/Gemeinsame-Erklaerung-der-Global-100-RE-Strategy-Group.pdf


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